„Manchmal trifft man im Leben solche Menschen, die richtungsweisend sind für die eigene Zukunft“

Vollzeit-Berufstätig, Mama, nebenher noch Gründerin und voll in der Promotion: MMBC-Member Jasmin Kreutzer macht vieles parallel und immer mit voller Leidenschaft. Sie ist Wissenschaftlerin, Finance-Expertin, Unternehmerin, politische Referentin und Mama. Sie promovierte im Bereich Wirtschaftswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Finance. Im Januar 2022 hat sie ihr eigenes Unternehmen im Bereich Naturkosmetik gegründet und mit einem 12 Wochen alten Säugling im Arm und einem 2,3 jährigen Sohn an der Hand ihre Promotion angefangen. Im Gespräch mit MM-Redakteurin Bianca Dukart hat sie uns einen Einblick in ihren Alltag gegeben:

Jasmin Kreutzer ist MMBC-Member, politische Referentin, Mama und Gründerin

Hallo Jasmin, magst du dich kurz unseren Leserinnen in 2-3 Sätzen von dir erzählen und dich vorstellen?

Ja klar gerne. Ich bin Mutter zweier Söhne und lebe mit meiner Familie in St. Wendel im Saarland. Auf meiner Bucket List stehen Ziele wie Costa Rica, die Polarlichter und Myanmar. Man sieht also, dass Reisen mit meiner Familie um die ganze Welt für mich sehr wichtig ist und ich es liebe andere Kulturen kennenzulernen, insbesondere die Küche. Ich koche gerne und liebe, es zu essen. Corona hat das Reisen leider unterbrochen, aber ich bin guter Dinge, dass wir bald wieder verschiedene Ziele auch außerhalb Europas besuchen können. Auf unseren Reisen erleben wir natürlich sehr viel, die Kinder erinnern sich oft und bringen dann in den Alltag nochmal das Gefühl des Erlebten zurück, sodass wir getragen werden und open minded auch gut durch stressige Zeiten kommen, – die natürlich viele Familien und working moms kennen.

Du hast damals ein Studium der Wirtschaftswissenschaften absolviert und dich dazu entschieden zu promovieren. Nun bist du Referentin im Bereich Finanzen und öffentliche Haushalte im Saarländischen Landtag. Was begeistert dich an dem Thema Finanzen und Politik, dass du diesen Weg gewählt hast?

Als wissenschaftliche Referentin für Haushaltsfragen und Finanzen ist man ganz nah an den Themen des eigenen Bundeslandes. Das Saarland – lange Haushaltsnotlageland – steht vor besonderen Herausforderungen in Sachen Transformation und Innovation. Wir leiden unter einer schrumpfenden und überalterten Bevölkerung und einer der höchsten pro Kopf Verschuldung im Vergleich zu anderen Bundesländern. Es ist kein Geheimnis, dass für Transformation und Innovation Geld benötigt wird. Oft sind die Finanzen der Schlüssel oder der Türöffner für die Umsetzung von spannenden Ideen und Projekten. Wenn das Geld fehlt, können wichtige Projekte nicht oder nur schwer umgesetzt werden. Meine Aufgabe war es da unter anderem, in Abstimmung mit den Volksvertretern Ideen zu entwickeln, wie wir spannende Projekte finanzieren können, wie wir optimieren können und Lösungswege entwickeln. Ich selbst bin kein gewählter Volksvertreter, bin aber total froh, mein Knowhow ungefärbt durch parteipolitische Brillen weiterzugeben, – quasi zu beraten und am Ende für die Bürger meine Expertise und Erfahrung einzubringen. Wenn dann möglicherweise eigene Ideen zur Diskussion stehen, die man im Team erarbeitet hat, erfüllt der Diskurs darüber einen dann schon mit Stolz. Ich habe ja auch in der Wissenschaft gearbeitet und weiß daher, dass der Diskurs alleine schon ein Erfolg ist, weil er die Thesen auf den Prüfstand stellt und dafür sorgt, dass eine Lösung näher ans Optimum gelangt.

Wie gestaltet sich dein Arbeitsalltag als Referentin? Und wie gut kannst du dein Familien- und Arbeitsleben vereinbaren? Welche Rahmenbedingungen erleichtern oder erschweren die Vereinbarkeit in Deiner „Branche"?

Mein Arbeitsalltag ist geprägt von langen Meetings, digital, hybrid oder auch oft in Präsenz. Der direkte Austausch mit Kollegen und Abgeordneten gehört zu meinem daily doing. Ich treffe Vertreter anderer Bundesländer, Vertreter aus der Wirtschaft, aber auch europäische Protagonisten. Das ist auch sehr oft mit Abendterminen und hoher innerdeutschen Reisebereitschaft verbunden. Die Vereinbarkeit meines beruflichen Alltags mit der Familie funktioniert da nur unter höchster Flexibilität und Abstimmung mit meinem Mann und meinen Eltern. Mein Mann ist ein absoluter Feminist und vielleicht auch einer der wenigen Männer, die Gleichberechtigung nicht nur als Parole posaunen, sondern real leben. Sehr besonders, weil er ursprünglich aus einer Familie mit traditionellem Rollenverständnis kommt. Ich habe mit meinen Eltern, die selbständig waren, immer eine berufstätige Mutter gehabt, sodass ich in einem ganz anderen Lebensmodell geprägt wurde, als es mein Mann erlebt hat. Wir waren und sind in unserer Paarbeziehung immer auf Augenhöhe und das in allen Bereichen. Die Care-Arbeit haben wir uns beide aufgeteilt und wir sind da absolut gleichberechtigt. Das kann ich nur allen Frauen raten, dies aktiv einzufordern. Letztendlich war das auch der Schlüssel zu vielen Projekten, die ich gemacht habe. Vereinbarkeit ist ein großes Thema in der Berufswelt. Für mich bedeutet das aber auch die gleichberechtigte Aufteilung der Care-Arbeit und nicht nur digitale Meetings und Homeoffice für Mamas. Wichtig ist hierbei, dass sich alle Beteiligten damit wohlfühlen müssen. Ich fühlte mich in meiner Mutterrolle nicht diskreditiert, wenn mein Mann mal die Tränen getrocknet hat oder als einer der wenigen Väter im Kindergarten bei der Vorstellung des Magnetprojekts im Auditorium saß. Wir haben uns morgens um fünf Uhr im Krankenhaus „abgeklatscht“- so ein Armbruch des Kindes kommt immer zu Unzeiten- ich hatte ein wichtiges Meeting, wusste mein Kind aber gut betreut durch meinen Mann und konnte mit freiem Kopf in die Verhandlungen gehen. Unsere Kinder haben eine starke Bindung zu beiden Elternteilen von Beginn an und ich sehe das als Geschenk, weil es uns im Familienverband stark aneinander bindet. Wenn mein Mann und ich gleichzeitig unterwegs sind, springt die Großmutter ein. Ein starkes Netzwerk, auf das nicht viele zurückgreifen können, das ist mir bewusst, aber das uns viel Spielraum gibt, unsere Berufe gut auszuüben.

Als du mit deiner Promotion begonnen hast, bist du bereits Mama eines Kleinkindes und eines Säuglings gewesen. Wie bist du das Ganze angegangen? Was würdest Du Müttern empfehlen, die auch den Wunsch haben zu promovieren?

Ja, die Promotion, das war sozusagen die Kirsche auf der Sahnetorte. Nie hätte ich daran gedacht, weil mir der Titel nie wichtig war. Ich habe die Masterarbeit abgegeben 6 Wochen bevor mein zweiter Sohn zur Welt kam. Oft habe ich den Bauch gestreichelt und ihm gut zugeredet. Jeder hat mir gesagt, das zweite Kind kommt immer früher als berechnet. Aber mein little darling kam genau zur richtigen Zeit, nämlich nach der Abgabe meiner Masterarbeit. Ich hatte eine tolle Prüferin. Eine junge Frau, die mir gesagt hat, ich müsste in jedem Fall weitermachen. Heute bin ich ihr noch sehr dankbar dafür. Und manchmal trifft man im Leben solche Menschen, die richtungsweisend sind für die eigene Zukunft. Die Mut zusprechen und die Initialzündung sind. Wir müssen uns gegenseitig unterstützen, deshalb finde ich dieses Netzwerk so toll, rolemodels sein und Wege finden wie wir unsere Ziele erreichen, Weichen stellen oder den Anstoß geben, dass Bewegung in Dinge kommt, die scheinbar unerreichbar sind.

In meinem Fall hatte ich Glück, und ich gebe zu, das gehört auch dazu, mein Professor hatte selbst eine Frau, die wissenschaftlich tätig war, und für ihn war es nichts Ungewöhnliches, dass ich stillend mit ihm Thesen diskutiert habe. Man sagt das Sein bestimmt das Bewusstsein – Väter, die selbst dieses Rollenbild leben oder erlebt haben, können sich auch vorstellen, dass eine Mutter mit zwei Kindern promoviert. Mir ging es nicht um den Titel, mir ging es um den geistigen Ausgleich – es war für mich keine Last, sondern ein Vergnügen in die Welt der Wissenschaft abzutauchen. Und so habe ich mir einige Nächte um die Ohren geschlagen. An der Dresdner Uni beim Doktorandenseminar hat das Altstadt-Pflaster dafür gesorgt, dass mein jüngster Sohn zufrieden im Wagen geschlafen hat. Meine Mutter hat mich in die Vorlesung kurz angerufen, wenn es Zeit zu Stillen war, ich war zufrieden, das hat mein Kind gespürt und war auch ausgeglichen. Ich kann nur jeder Mutter raten, sich open minded mit Menschen im Familienverbund und Freunden auszutauschen, um Lösungswege zu finden, die im Einklang mit der Familie stehen. Ich will nicht verhehlen, dass es anstrengend war. Ich erinnere mich an eine Situation: Controlling Klausur – die letzte Klausur im Master, die Masterarbeit hatte ich gerade abgegeben, 4 Wochen vorm Entbindungstermin meines zweiten Sohnes. Ich hatte das Fach immer wieder geschoben – und in der Nacht vor der Klausur hatte mein Sohn 40 Fieber, unzählige Stunden mit Norofen und Paracetamol in Abwechslung, das leidende Kind, die Ängste einer Mutter – Fieber war für mich immer ein Horror. Würde ich die Klausur um ein halbes Jahr schieben, dann wäre ich mit zwei Kindern angetreten in einem Fach, dass mir nicht liegt und ich war damals ja auf den Punkt vorbereitet, hatte den Kindern schon viel Zeit mit mir geraubt, um mich überhaupt so gut vorzubereiten. Ich bin nicht gerne morgens zur Klausur, aber ich war da. Mein Mann war bei unserem Sohn geblieben. Nach 3 Stunden Klausur zurück nach Hause, alles war geschafft. Das sind Grenzerfahrungen, die uns alle stärken und an denen wir wachsen. Das sind Momente, die mir heute noch Kraft geben, denn Erschöpfung und Versagensängste hat jede Mutter. Nicht zuletzt auch, weil die Gesellschaft uns ein gewisses Lebensmodell als Ideal auferlegt.

Dieses Jahr hast du noch ein weiteres Projekt gestartet - die Gründung deines eigenen Kosmetikunternehmens "Organic Skincare GmbH". Magst du uns mehr dazu erzählen?

Das Kosmetiklabel Magalie&ME ist aus einer Neujahrsidee entstanden. Irgendwie kann ich nicht nur eine Sache machen und bin immer mehrgleisig unterwegs. Wenn mich eine Idee packt, muss ich es ausprobieren. Das war schon immer so. Ich habe Naturkosmetik getestet und kam auf die Idee, meine Ansprüche, die ich an eine Kosmetik habe, selbst zu erfüllen. Tolle Produkte zu entwickeln und dann schön verpackt an den Markt zu bringen. Ich habe in Hamburg lange Unternehmen finanziert, meine Eltern waren selbständig, ich glaube, zu Gründen war für mich daher keine so große Hürde. Wir haben tolle pflegende Produkte entwickelt, die der Hautalterung vorbeugen und straffend wirken. Die Marke wird im November gelauncht und ich freue mich, wenn ich viele Frauen mit den Produkten begeistern kann. Denn im Kontext eines bewegten Alltags ist Achtsamkeit und eine selbstschätzende MeTime sehr wichtig. Die Produkte sind die kleine Wellnessinsel im Alltag, der SelfCare moment am Morgen oder am Abend. Denn das dürfen wir nicht vergessen: Wir leisten alle sehr viel im Alltag, jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten und die Wertschätzung sich selbst gegenüber für die tägliche Leistung, die wir erbringen, ist der Schlüssel zur inneren Ruhe und Ausgeglichenheit. Im Alltag verlangen wir viel von uns selbst, sind selbst oft unser größter Kritiker, und gerade hier soll die Pflegeroutine das Bewusstsein schaffen und uns mit uns selbst, unserer Seele verbinden. Kurz in sich gehen, bei sich selbst zu sein und Kraft zu sammeln, kurz entschleunigen, all das kann durch die Pflegeroutine unterstützt werden. Das ist mein Ziel – Frauen in ihrem bewegten Alltag einen Moment der Ruhe zu vermitteln, um kraftvoll den Herausforderungen des Alltags entgegenzutreten.

Hast du 3 motivierende Tipps für unsere LeserInnen, um Karrierewünsche und Familie zu vereinbaren?

Ich empfehle einen Moment des in sich Gehens. Sich konkret bewusst zu machen, welche Ziele man im Leben hat und auf welche Stärken man zurückgreifen kann, um dann konkret next steps mit Zwischenzielen festzulegen. Einen Marathon läuft man auch nicht aus dem Stand. Wichtig ist dabei Denkverbote abzulegen.

Für mich ist es absolut wertfrei zu sehen, ob eine Frau lange zu Hause bei den Kindern ist, weil sie es selbst gerne will, oder ob eine Frau nach 3 Monaten wieder zurück in den Beruf geht. Wir müssen als Gesellschaft dahinkommen, dass beides toleriert und akzeptiert wird. Denn für uns ist es oft ein Spagat und wir fühlen uns intermediate.

Sind diese Ziele konkretisiert, geht auf die Suche nach Rolemodels und baut euch ein Netzwerk auf. Sucht euch Menschen, sogenannte Allys, die einen ähnlichen Weg gegangen sind – Verbündete und Fürsprecher- und tauscht Euch aus. Und wenn ihr ein Ziel vor Augen habt, geht euren Weg, lasst euch nicht abbringen, auch wenn es schwierig wird! Es wird nicht immer einfach sein, denn gerade im beruflichen Alltag lauern viele Fallstricke und Hürden für Frauen und Mütter. Unsere Gesellschaft ist noch lange nicht so liberal, dass es den Begriff „Rabenmutter“ nicht mehr geben wird.

Und zuletzt nehmt Eure Erziehungsaufgabe dahingehend wahr, dass die nächsten Generationen – nämlich unsere Kinder – ein offenes Bild von Familie haben und als die Chefs von morgen nicht mehr die Frage an Frauen stellen „wie machen Sie das als vollberufstätige Mutter von zwei Kindern?“ und Väter im Pekip nicht mehr belächelt werden oder Elternzeit für Väter kein Karrierekiller mehr ist.

Jetzt teilen

WhatsApp
LinkedIn
Twitter
Facebook
Email

Entdecke weitere

Empfohlene Beiträge