Ist vollzeitnahe Teilzeit die bessere Teilzeit für Mütter?

71,6 Prozent der Mütter in Deutschland arbeiten in Teilzeit (Stand: 2018, Statista). Während in Vollzeit zu arbeiten, bedeutet in der sogenannten Regelarbeitszeit des Unternehmens tätig zu sein, also um die 40 Stunden pro Woche, ist Teilzeit nicht gleich Teilzeit. Während einige Mütter ein bis zwei Tage pro Woche in Teilzeit arbeiten, sind andere jeden Tag für einige Stunden für ihren Job tätig. Im Durchschnitt arbeiten Teilzeitbeschäftigte in Deutschland 20 Stunden pro Woche. Aber Teilzeit kann alles sein, was nicht Vollzeit ist. Und dann gibt es noch die vollzeitnahe Teilzeit:

28 – 36 Stunden pro Woche sind vollzeitnahe Teilzeit

Beim Arbeitsmodell vollzeitnaher Teilzeitbeschäftigung ist die wöchentliche Arbeitszeit auf maximal 28 Stunden reduziert. In Deutschland spricht das Bundesministerium von Familie von einer vollzeitnahen Teilzeit, wenn die wöchentliche Arbeitszeit zwischen 28 – 36 Stunden liegt. Wie bei der „normalen“ Teilzeit richtet sich das Gehalt nach dem Stundenumfang der Tätigkeit.

Warum nicht einfach 30 Stunden arbeiten und von Teilzeit sprechen?

Bei der vollzeitnahen Teilzeit geht es vor allem um Rhetorik. Noch immer fürchten einige Arbeitgeber, dass sie Teilzeitbeschäftigten keine verantwortungsvollen Tätigkeiten übertragen können. Ein Team führen in Teilzeit? Die Zeit reiche doch einfach nicht aus! Die Diskussion um den Zusammenhang von Arbeitszeit und Produktivität lässt sich endlos führen, mit guten Argumenten auf beiden Seiten. Fakt ist aber, Teilzeit hat nicht das beste Image. „Du arbeitest NUR Teilzeit“, ist ein Satz, der Deinen Blutdruck als Mutter spontan in die Höhe schießen lässt.

Es geht um den Wert von Arbeitszeit, nicht Arbeitsleistung

In vielen Branchen und Jobs besteht die Mentalität, dass Vollzeit volles arbeiten ist. Wer weniger arbeitet, schafft auch weniger. Eine Frage, um den Wert von Arbeitszeit zu diskutieren ist: „Ist Du Dein Mittagessen immer ganz auf? Oder warst Du schon mal satt und es lag noch etwas auf Deinem Teller?“ Die Effizienz der Arbeit richtet sich gerade in modernen, digitalen Berufen nicht ausschließlich nach der Zeit. Kann eine Arbeiterin am Fließband in zehn Stunden doppelt so viele Winkelstücke zusammenstecken, wie in fünf, lässt sich daraus nicht schlussfolgern, dass dies für Deine Tätigkeit genauso ist. Der Begriff der vollzeitnahen Teilzeit zeigt an: Da ist jemand viel präsent. Für alle, die daran glauben, dass mehr Arbeit die bessere Arbeit ist, ist vollzeitnahe Teilzeit darum ein wohlklingender Begriff.

Die Vorteile vollzeitnaher Teilzeit

Mamas sind häufig super effizient. Viele sagen zu Recht, dass sie jetzt in ihrer Teilzeitstelle soviel schaffen, wie früher in Vollzeit. Die Schattenseite ist jedoch: Bei voller Arbeitsleistung in Teilzeit, gibt’s am Ende des Monats nur einen Teil des Gehalts. Hier bietet die vollzeitnahe Teilzeit einen Vorteil. Mehr Stunden im Arbeitsvertrag bedeuten schließlich auch mehr Geld. Zugleich besteht bei einer Arbeitszeit von z.B. 32 Stunden pro Woche, die Chance auf eine Vier-Tage-Arbeitswoche. Das gibt Dir als Working Mom mehr Zeit für die Familie und andere Dinge.

Vollzeitarbeit versus Work-Life-Balance

Insbesondere in Diskussionen rund um die Work-Life-Balance gibt es immer wieder Kritik am Vollzeitmodell von ca. 40 Stunden/Woche. Fünf Tage die Woche, acht Stunden plus Pausenzeiten, plus Überstunden, erwerbstätig zu sein, schränkt die Zeit für andere Bedürfnisse und Interessen enorm ein. Das Statistische Bundesamt fand heraus, dass sich viele Vollzeitbeschäftigte eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit wünschen (um ca. 10 Stunden), während sich ein Großteil der Teilzeitbeschäftigen für eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit aussprachen (um ca. 10 Stunden). Auf beiden Seiten scheint eine wöchentliche Arbeitszeit von ca. 30 Stunden also das Ideal angesehen zu werden, sowohl unter Männern und Frauen, Eltern und kinderlosen Arbeitnehmerinnen.

Wird die vollzeitnahe Teilzeit die neue Vollzeit?

Ob die vollzeitnahe Teilzeit, also arbeiten mit einem wöchentlichen Umfang von ca. 30 Stunden zur neuen Norm des Arbeitens wird, hängt von vielen Faktoren ab. Ein entscheidender ist das Gehalt. Die Stadt Göteburg testete 2015 die Einführung der sechs-Stunden-Woche bei vollem Gehalt und zog ein positivies Fazit. Der Krankenstand sank und die Zufriedenheit der Bewohnerinnen nahm zu.

In Deutschland bedeutet aber teilzeitnahe Vollzeit nicht volles Gehalt, sondern eine Bezahlung abhängig vom Stundenkontingent. Insofern ist es sowohl von Unternehmen abhängig, ob sie ihre Wirtschaftsziele erreichen können, wenn mehr MitarbeiterInnen weniger arbeiten und ob Mitarbeiterinnen mit weniger Lohn zufrieden sind. Insbesondere New Work affine Unternehmen tendieren dazu, Arbeitszeit und Lohn zu entkoppeln und MitarbeiterInnen eigene Arbeitszeitmodelle definieren zu lassen.

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