Beim Verhandeln geht es um Pokerface und Härte? Ganz im Gegenteil sagt MMBC-Member, Rechtberaterin und Verhandlungsprofi Nora Langer. Im Interview mit Mama Meeting Redakteurin Bianca Dukart erzählt sie, was gute Verhandlungsführung ausmacht, welche Rolle Empathie für sie spielt, um im Job und im privaten Alltag zu bekommen, was man braucht und will und wie sie selbstbewusst mit Zuschreibungen von Außen umgeht.
Liebe Nora, du bist Rechtsberaterin mit Erfahrung in Verhandlungsführung, Datenschutzmanagement, Betriebsführung und Kundenbeziehungsmanagement (CRM). Magst du uns kurz etwas über deine Motivation erzählen? Was fasziniert dich an deinem Job?
An meinem Job begeistert mich, wie viel Kraft Sprache hat. Man kann mit ihr spielen und durch kleine Änderungen in Formulierungen einen kompletten Vertrag umdeuten. Daher muss man immer wachsam sein und die Bedeutung der Wörter, die man verwendet verstehen und richtig anwenden. Das ist es vielleicht auch was viele am Lesen von Verträgen verzweifeln lässt. Ich bin jedoch überzeugt, dass ein Vertrag von jedem verstanden werden muss. Ein Vertrag, der sich in hunderten Verschachtelungen und Bezügen zu anderen Dokumenten verliert, ist kein guter Vertrag und wird auch nicht gelebt werden können. Daher ist es mir in meinem Job besonders wichtig, die Praxis, die hinter so einem Vertragswerk steckt zu verstehen und mit den Menschen, die den Vertrag umsetzen sollen, eng miteinander zu arbeiten.
Als International Management Assistant angefangen, hast du zügig nach deinem Abschluss den Einstieg ins Studium des Wirtschaftsrechts gefunden. War für dich bereits während deiner Ausbildung klar, in diese Richtung zu gehen?
Direkt nach meiner Ausbildung habe ich in einem großen Konzern in München begonnen im Key Account Management zu arbeiten. Dort wurde mir schnell klar, dass ich zu meiner Ausbildung noch weitere Qualifikationen benötige, um im Unternehmen oder auch extern wachsen zu können. Der Bereich Legal hat mich schon immer gereizt. Schon als Jugendliche war ich Fan von Ally McBeal und Matlock. Das amerikanische Rechtssystem funktioniert zwar komplett anders als das deutsche, die Faszination war dennoch da. Ein Jurastudium kam für mich nicht in Frage, also habe ich im Fernstudium Wirtschaftsrecht an der Euro FH in Hamburg studiert. Das Studium neben dem Beruf war hart, aber machbar. Meine täglichen S-Bahnfahrten zur Arbeit und nach Hause habe ich mit dem Durcharbeiten von Studienheften genutzt, um so dann wirklich Feierabend zu haben, wenn ich daheim angekommen war.
Am Wirtschaftsrecht mag ich besonders den großen Bezug zur Praxis und den Unternehmensprozessen. Man muss viel mehr tun als Verträge zu lesen und zu prüfen. Man berät in vielerlei Angelegenheiten und kann sich kreativ in die Unterstützung der einzelnen Abteilungen einbringen.

Welchen Herausforderungen stehst du täglich gegenüber, besonders wenn es um Verhandlungsführung geht? Kannst du unserer Community dazu 3 Tipps geben, wie Verhandlungsführung aus wirtschaftsrechtlicher Sicht erfolgreich ist?
Verhandeln ist kommunizieren. Kommunizieren muss man wollen. Wenn man allerdings die Einzige ist, die kommunizieren will, braucht man nicht verhandeln. Das sollte von Anfang an klar sein. Es muss also eine gute Basis für eine Verhandlung geschaffen werden.
Die Vorbereitung ist das A und O. Ohne sich die eigenen Ziele vor Augen zu führen, sollte man nicht in eine Verhandlung gehen, sonst wirkt man schnell unsicher und unglaubwürdig. Besonders ist dies im Team wichtig. Das Team muss sich vorher absprechen und sich einen Rahmen setzen, in dem es seinen Spielraum nutzt.
Ein dritter wichtiger Punkt ist, unvoreingenommen in eine Verhandlung zu gehen. Wenn man negatives erwartet, bekommt man ein negatives Ergebnis. Man darf nicht hinter jedem Satz oder jeder Frage eine Falle wittern. Vertrauen in die Kompetenz und das Wohlwollen des Gegenübers sind wichtig.

Gibt es Kompetenzen, die du aus deinem Job auch im Mama-Alltag anwendest,und/oder jene aus der Mutterrolle, die in deiner Tätigkeit unverzichtbar sind?
Ich nutze meine empathische Art sowohl im Beruf als auch daheim als Mutter. Täglich gilt es die unterschiedlichen Bedürfnisse zu erahnen und zu befriedigen. Sei es im Job oder zu Hause. Dabei braucht man eine Spürnase für die Feinheiten von Kommunikation. Wenn ich daheim meiner Tochter etwas erkläre, oder versuche sie aus einer trotzigen Phase heraus zu bekommen indem ich sie von ihrer aktuellen Stimmung versuche abzulenken, so nützt mir diese Fähigkeit auf Stimmungen sensibel zu reagieren und diese vor allem zu detektieren, sehr wohl auch in meiner Tätigkeit als Rechtsberaterin.
Auf deinem LinkedIn-Profil bin ich zufällig einem interessanten Link auf eine Künstler-Seite gefolgt - nol'art. Dort sind zahlreiche Acryl-Werke zu sehen, von der Künstlerin Nora Langner 😉 Ist Malen deine zweite (berufliche) Leidenschaft? Welchen stand hat es in deinem Leben?
Malen ist bislang „nur“ ein Hobby von mir. Zur beruflichen Leidenschaft hat es noch nicht gereicht. Es gab eine Phase in meinem Leben, da hat mir die Malerei sehr dabei geholfen abzuschalten und mich abzureagieren. Mein Freund bekommt schon immer Angst, wenn ich sage, ich muss mal wieder in mein Atelier und etwas malen. Dann weiß er, etwas stimmt nicht und mir geht es nicht gut. Aber die Zeiten sind weniger geworden. Was zwar für mich gut ist, aber für die Fans meiner Bilder leider nicht, weil aktuell nicht viel neues entsteht. Vielleicht lerne ich es irgendwann aus positiver Energie etwas auf Leinwand zu erschaffen.
Letzte Frage. Wie sieht dein Vereinbarkeitskonzept aus (mit dir, der Malerei, deinem Job und deiner Familie)? Und wo siehst du diesbezüglich noch Entwicklungsbedarf in der Gesellschaft, Familien und Mütter zu unterstützen?
Mein Freund und ich sind relativ gleichberechtigt in der Aufteilung unserer täglichen Arbeiten. Er bringt unsere Tochter in die KiTa, sodass ich früh beginnen kann zu arbeiten. Ich hole sie nachmittags ab, damit er länger im Büro bleiben kann. So richtig glücklich bin ich damit noch nicht, aber wenn beide 40 Stunden arbeiten wollen, geht es nicht anders. Unsere beiden Mütter unterstützen uns auch ab und an, wenn Not am Mann bzw. der Frau ist.
Zum Thema Vereinbarkeit möchte ich eine kleine Anekdote erzählen. Während meiner Elternzeit hatte ich ein Vorstellungsgespräch für eine neue Position. Das Gespräch war für zwei Stunden angesetzt. Ich sollte im Vorfeld eine Präsentation vorbereiten, diese dort halten, verteidigen und ein Konzept vorstellen. Ich bin zum Unternehmen mit meinem Freund und unserer Tochter angereist, da ich sie zu diesem Zeitpunkt noch gestillt habe. Ich habe sie also vor dem Gespräch im Auto gestillt und direkt danach. Mein Freund ist während der Zeit mit ihr spazieren gegangen. Dies alles im Kopf bin ich in das Gespräch gegangen.
Das Gespräch, mit 5! Männern (einschließlich Geschäftsführer) lief gut und ich fühlte mich wohl. Ich fühlte mich wohl bis zu der Frage des Geschäftsführers ob es auch einen Herrn Langner an meiner Seite gibt und was der Herr Langner wohl sagen würde, sind meine besten und meine schlechtesten Eigenschaften. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, wen interessiert das? Warum ist die Meinung meines Freundes hier von Belang? Warum ist es überhaupt wichtig, ob es einen Partner an meiner Seite gibt?
Das Gespräch endete und ich erhielt ein paar Tage später eine freundliche Absage. Auf meine Nachfrage zu den Gründen, wurde mir erklärt, dass die Befürchtung bestünde, dass ich emotional nicht gewachsen sei für die Position. Zuerst war ich entsetzt und enttäuscht aufgrund dieser Aussage bzw. Annahme. Einige Zeit später war ich allerdings froh, dass sie so offen waren und ich davor bewahrt wurde in einem Unternehmen anzufangen, dass sich erdreistet nach zwei Stunden Gespräch einzuschätzen, ob jemand emotional belastbar ist. Jemand mit mehr Menschenkenntnis hätte in Betracht gezogen, dass eine Frau, die ihre 6 Monate alte Tochter zum Gespräch mitbringt, sehr wohl emotional belastbar genug ist.
Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass ich für mich ganz klar herausfinden muss in welcher beruflichen Umgebung ich arbeiten will. Wo befinde ich mich auf meiner beruflichen und auch privaten Landkarte? Und wer ist bereit dazu mich bei meinen Zielen zu unterstützen. Gegen die anderen anzukämpfen, lohnt nicht und raubt nur Energie.