Kolumnistin Kathrin Hollmer rät in der Süddeutschen vom Begriff Working Mum ab. Er schade den Verwenderinnen sogar. Die Nebenwirkungen: Nutzerinnen dieses Begriffs machten damit deutlich, dass eine Karriere für eine Mutter ja etwas so Außergewöhnliches sei, das es eines Präfixes, dem Working, bedürfe. Nee, Kathrin, ditt stimmt so nicht. Aber sprechen wir erstmal über unsere Gemeinsamkeiten. Kathrin Hollmer bemängelt, dass wir im Jahr 2020 überhaupt noch über dieses Thema sprechen müssen. Oh, das nervt, yes. Das ist lästig. Yes. Wir haben eigentlich auch viel Wichtigeres zu tun, Arbeiten zum Beispiel. ABER, so zu tun als ginge die Realität weg, wenn man nicht mehr über sie spricht oder schreibt, funktioniert nun blöderweise auch noch nicht in 2020. Vielleicht können wir sie in einigen Jahren einfach in unseren Handys deaktivieren, wenn wir sie nicht sehen wollen. Sicherlich entwickelt das gerade schon jemand. (2020 kann bitte testweise sofort weg!) Doch noch ist es leider so, dass ein riesiger Teil unserer Gesellschaft auf folgendes simples Experiment herein fällt:
„Stell Dir mal einen Anwalt vor! Ach nee, einen Arzt! Mit Kittel und Stethoskop! Ach nee, vergiss es, denk an einen Architekten! Mit Bauplänen in der Hand.“ Bild ist da, right? Wer hat jetzt gesagt, dass die Person, an die Du denken sollst, ein Mann ist? Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es aber einer.
Erst vor kurzem ging der Tweet Viral: „Männer tendieren dazu, eher hochdotierte Berufe zu ergreifen. Wie z.B. Arzt, Ingenieur, Abteilungsleiter etc.pp. Frauen hingegen ergreifen eher schlechter bezahlte Berufe. Wie z.Bsp. Ärztin, Ingenieurin, Abteilungsleiterin etc.pp.“ (Quelle: Derya Türk-Nachbaur @derya_tn / Twitter)
Sprache ruft erlernte Bilder in unseren Köpfen ab. Diese Bilder sind unzureichend oder oft auch einfach nur doof. Aber, sie sind eben da und prägen unser denken. So sind wir auch darauf trainiert, dass wir bei „Mutter“ an eine Frau denken. Alice Schwarzer verrät in ihrem neuen Buch übrigens, dass für sie ihr Opa ihre soziale Mutter war. Geht nämlich eigentlich auch. Ist ja nur eine soziale Rolle. Breikochen und Kinderliedersingen, können auch Männer.
Der Punkt mit der Working Mom aka Working Mum ist nun: Beim Begriff Mutter sind wir nun, dank der Einflüsse in unseren privaten Realitäten, von der eigenen Familienhistorie bis hin zu perfiden Medienrepräsentationen, noch nicht darauf geprägt erstmal an eine Anwältin, Ärztin oder Architektin zu denken, sondern eine Frau, die Kind(er) umsorgt. Ende der Definition, selbst wenn man’s googelt.

Weil das Wort selbst also noch nicht ausreicht und die Bilder, die beim Begriff Mutter in so vielen Köpfen aufploppen, nicht sofort in den Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit stehen, ist der Zusatz sehr wertvoll, um das bestehende Bild zu reformieren.
But the most important Aspekt hier und das gilt nicht nur für Working Mom, sondern viele solcher Begriffe.
In Kathrin Hollmers Kolumne schreibt sie, die Working Mums ersetzen die „Karrierefrau“. Das stimmt so nicht. Denn bei der Karrierefrau handelt es sich, ähnlich wie bei der Rabenmutter, um eine äußere Zuschreibung.
Die Moms, die den Begriff Working Mom nutzen, nutzen ihn aber selbst und nicht, weil er für Vorgesetzte Bedeutung hätte oder für (potentielle) ArbeitgeberInnen oder für den eigenen Partner bzw. die eigene Partnerin und auch nicht für die Kids, die Nachbarn oder die Süddeutsche, sondern für die Working Mom selbst. Und für andere Working Moms, die sich gleichermaßen damit identifizieren. Denn so haben wir Working Moms einen Terminus, unter dem wir uns zusammenschließen können. Und zusammen haben wir eine wesentlich bessere Chance die Definition von Mom wirklich zu verändern. Den jede Mutter ist anders. Manche sind sogar Väter. Diese Vielfalt kriegt man nur über VIELE Bilder verändert.
Wenn ich möchte, dass kein Plastik mehr im Meer landet, genügt es auch nicht, mir zu sagen, dass ich das doof finde. Es braucht konkrete Strategien, Maßnahmen und eben auch ein Vokabular, das aus dem Wunsch ein Ziel werden lässt und in konkreten Handlungen kulminiert.
Und da liegt das Missverständnis: Das Wort „Working Mom“ ist ein Vehikel, das uns auf dem Weg zum Ziel beschleunigt und bestärkt.