Mareike Aue ist 31 Jahre alt und lebt in Berlin. Sie ist verheiratet und Mutter der zweijährigen Levke. Sie ist Studentin, Gründerin ihres eigenen Kindermodelabels und Angestellte im Einzelhandel. Ihr erkennt sie an ihren Kupfer-Orangen Haaren und ihrer leicht frechen Art. 

 

Liebe Mareike, „gefunden“ haben wir uns über die #coolmomsdontjudge Kampagne, die Du auch auf Deinem Instagram Profil unterstützt. Welche Story fällt Dir zu momshaming spontan ein?

Leider fallen mir da gleich mehrere Stories ein. Aber eine hat mich sehr geprägt.
Und so war es:

Auf dem Rückweg von der Apotheke wollten wir noch schnell einkaufen gehen. Levke war gerade knapp zwei Wochen alt und ich musste, aufgrund meiner geringen Milchproduktion, eine Milchpumpe aus der Apotheke abholen. Da der Supermarkt auf dem direkten Rückweg lag wollten wir schnell noch etwas einkaufen, damit wir dann alle den restlichen Tag gemeinsam kuscheln konnten.

Es war Anfang Dezember und relativ kalt. Im Supermarkt hingegen herrschten gefühlte 40°C. Wir haben also den Wollfleece-Overall von Levke geöffnet und ihre Mütze abgenommen (so wie man sich selbst im geschlossenen Raum auch von seinen wärmenden Textilien befreit um später in der Kälte nicht zu frieren). Bis zur Kasse lief alles super… doch leider nur bis zur Kasse.

Es war noch eine Kundin vor uns. Levke fing an zu schreien. Ich nahm sie aus dem Kinderwagen und versuchte sie zu beruhigen. Von der Kassiererin und der Kundin vor uns haben wir Glückwünsche zum Nachwuchs erhalten. Sie störte es also nicht, dass meine Tochter sich nicht beruhigen lies. Ein andere Kundin jedoch schon. Sie stand an der Kasse neben uns an. Sie fing an mich verbal anzugehen. Was könne ich mit so einem jungen Baby einkaufen gehen, und ohne Mütze…. Meine Tochter würde eine Hirnhautentzündung bekommen und könne sterben. Und was ihr sonst noch so einfiel. (Rückblicken vermute ich, dass ihr unser Erscheinungsbild missfiel und sie dadurch dachte, dass wir Hipsters unser Kind als Accessoire sehen)

Ich konnte nicht reagieren… Ich war müde, fertig und wollte einfach nur schnell einkaufen und wieder zurück. Ich war gerade zwei Wochen Mutter und hätte nicht erwartet, dass ich so schnell in so eine Lage komme. Die Löwenmutter war noch im Tiefschlaf. Zum Glück gab es aber andere Frauen/Mütter die etwas fitter waren und gekonnt verbal eingriffen. Sie verteidigten mich und wurden dadurch selbst zur Zielscheibe. Doch anders als ich konnten sie verbal gekonnt kontern.

Was mich an dieser Story geprägt hat? Tja Wochen, evtl. auch Monate danach wurde ich, sobald Levke in der Öffentlichkeit schrie, nervös und machte eine so normale Situation für mich und andere unerträglich. Ich hatte Angst, dass jeden Moment jemand mich angehen würde. Babys schreien und das ist normal… tja denken wohl nicht alle.

Aber mit etwas Abstand betrachte ich gerne den guten Teil dieser Story, denn andere Frauen/Mütter haben mir geholfen. Sie haben sich wie eine Löwin vor uns geworfen und uns verteidigt.

Als ich langsam in meine Mutterrolle hineingewachsen war, kam auch mein Selbstvertrauen zurück. Und ich habe mir einen Schutzschild gegen andere Mütter die mich, meine Tochter oder meinen Erziehungsstil kritisieren aufgebaut.

Wie würdest du deinen Mamalifestyle beschreiben?

Aktiv! Ich hatte schon sofort nach der Geburt einen gewissen Tatendrang verspürt. Ich wollte mich bewegen und das prägt mein Mamalifestyle. Ich habe direkt nach der Geburt versucht mein Studium wieder auf zu nehmen, was leider nicht ganz geklappt hat. Ich habe nicht ganz das geschafft was ich schaffen wollte, aber ich habe es versucht und einige Hausarbeiten beenden können, andere aber halt nicht. Aber das gehört mit zu meinem Mamalifestyle, wenn ich es nicht versuche, dann weiß ich nicht ob ich es kann/schaffe oder nicht.

Ich versuche auf meine Instinkte zu hören. Wir haben nicht das Glück Familie in Berlin zu haben und durch verschiedenen Schicksalsschläge sind wir familiär auch nicht ganz so optimal aufgestellt. Diese Situation zwang uns auf unsere innere Stimme zu hören. Ratgeber lesen oder Kurse zu belegen in denen mich andere Mütter bewerten, oder sich ausheulen, war und ist nichts für mich.

Ich bin die Mutter auf dem Spielpaltz die mit rotem Lippenstift und coolen Outfits gemeinsam mit ihrer Tochter über den Spielplatz tobt. Ich habe weder in der Schwangerschaft noch in der Elternzeit aufgehört meine Liebe zur Mode aufzugeben. Ich bin der Meinung, dass man sich nicht aufgeben oder gehen lassen sollte. Geht es mir schlecht, gebe ich mir noch mehr Mühe mich optisch herzurichten. Ich versuche auf unerwünschte Meinungen anderer und insbesondere Fremder keinen Wert zu legen. Ich ziehe mein Ding durch und ich fahre damit ganz gut. Ich versuche mir selber einfach treu zu sein.

Also Studentin mit einer Nebentätigkeit, Mutter und Gründerin eines Modelabels könnte man sagen ich haben einen stressigen Alltag aber ich kann auch sagen ich bin in der meisten Zeit einer der glücklichsten Menschen.

 

Apropos Modelabel. Du machst Dich gerade selbstständig. Wie sieht Dein Projekt aus und wie kam es dazu?

Ich habe gemeinsam mit meinem Mann in der Elternzeit ein Modelabel für Kinder gegründet. Wir bedrucken Biostoffe und konfektionieren sie zu sportlichen, kindgerechten Kleidungsstücken. Wir designen, bedrucken und nähen jedes einzelne Produkt in unserem Atelier in Berlin.

Die Elternzeit ist so eine spezielle und besondere Zeit, in der so tolle Projekte und Ideen entstehen. So war es auch bei uns. Ich hatte in der Elternzeit einfach das Bedürfnis kreativ zu sein. Frei ohne Vorgaben etwas zu gestalten und entwickeln. Losgelöst von jeglichen Rahmenbedingungen. Und dank eines super kreativen Ehemannes und dem Glück, dass er mich in allem unterstützt ist „freh“ als Familybusiness entstanden. Wir verwirklichen uns mit diesem Modelabel.

Unsere Designidee entsteht dazu aus normalen Familiensituationen heraus. Ich wollte mit meiner Tochter Hand- und Fußabdrücke in Neon Farben anfertigen, das endete aber in einer kleinen Farbschlacht und so entwickelte sich die Idee mit Neon Farbe bespritzte Kleidung zu machen. Erst waren es gekaufte Bodys, kurz darauf haben wir Stoff gekauft, den ich bespritzte und anschließen zum Kleid verarbeitete. Frederic wollte ihr eine „Cycling Cap“ nähen und Schwupps hatten wir die Schnapsidee ein Label zu gründen. Der Name war schnell gefunden und auf einmal haben wir an Freunde, Bekannte und Andere „Cycling Caps“ verkauft. Aus der Pinseltechnik heraus entwickelte sich das Siebdrucken. Schnell ist der Herbst gekommen und wir haben angefangen weitere Produkte zu entwickeln. Und auf einmal hatten wir ein kleines Familienbusiness. Einen ersten Laden der unsere Produkte mit aufnehmen wollte hat sich auch gefunden. Jessica von „Zuckerfrei“ hat uns, ohne groß zu zögern, so viel Vertrauen entgegen gebracht und verkauft noch immer unsere Produkte. Ein Jahr später haben wir unsere erste Messe besucht, diverse kleine Events mitgemacht und arbeiten stätig an neuen Designs, Produkten und Kollektionen.

 

Aber Hand aufs Herz: die eigenen Ideen zu verwirklichen ist auch nicht immer leicht. Welche Tipps hast du?

Leicht ist es wirklich nicht. Aber mit den richtigen Menschen um einen herum ist jede Schwierigkeit früher oder später überwunden.

Mein 1.Tipp ist: Geh einen Schritt nach dem anderen. Wir persönlich möchten, dass „freh“ nach und nach wächst und nicht künstlich aufgeblasen wird. Unseren Kindern geben wir doch auch die Zeit, die sie für die verschiedensten Entwicklungsphasen benötigen. So sehen wir es auch mit „freh“.

2. Tipp: Wenn ihr jemanden gefunden habt der an euch und eure Idee glaubt, dann gibt es auch noch weitere, ihr müsst sie nur suchen oder euch finden lassen.

3. Tipp: Machen!!! Einfach machen! Was hat man zu verlieren? Aus Fehlern lernt man und was uns nicht umbringt stärkt uns.

Fazit: Habe Mut, Ausdauer und glaube an die Idee!!!!

 

You are a Mom. Was ist Deine Superpower?

Damit ich diese Frage beantworten konnte, habe ich meine beste Freundin gefragt und sie gab mir die Antwort: „Du bist unglaublich stark, Du hast ein unglaubliches Durchhaltevermögen, eine unglaubliche Kraft. Du hast so eine unglaubliche Willenskraft wenn Du etwas möchtest, kannst Dich dahinter klemmen und dafür kämpfen…“ Ein Wort hat sie dafür nicht gefunden, aber: ja, ich glaube, ich habe eine Energiequelle die nicht so schnell versiegt.

 

Vielen, vielen Dank für Deine offen Worte, die Tipps und Deine Inspirationsgeschichte. Wir wünschen Euch für „freh“ ganz viel Erfolg und werden die nächsten Schritte auf jeden Fall gespannt verfolgen.

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