Manche Dinge, kann man nur glauben, wenn man sie selbst erlebt hat. Der Präsidentschaftsieg von Donald Trump zählt dazu, UND der Umstand, dass man als Mutter ein Level an Übermüdung überschreiten kann, das man nicht für überlebenszugträglich hielt, bevor man Kids hatte. Yes und manchmal schleicht sich sogar in den Kopf der taffsten Frau der Gedanke: „Ich glaub ich dreh durch.“ Tust Du Dich, Du bist nur Mama und keiner, der es nicht selbst erlebt hat, weiß, wie krass Dich das macht!

Mamas
Foto: Charles Yunck

Darum ist es so großartig, dass es mit WOW MOM ein Buch gibt, dass das Mamasein feiert. Geschrieben haben es die fabelhaften Moms von Stadt Land Mama Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim als Mutmacher durch’s erste Jahr mit Kind. „Wir wollen Frauen bekräftigen, sie auffagen, ihnen das Gefühl geben, genau richtig zu sein, wie sie sind! Es braucht mehr Anerkennung und Wertschätzung für diesen Wahnsinnsjob, den sie in der ersten Zeit mit Kind leisten“, haben uns die Autorinnen erzählt und uns gestattet ein Kapitel des Buches hier zu veröffentlichen.

 Denn apropos Wahnsinnsjob, im Buch kommen nicht nur Lisa und Katharina zu Wort, sondern auch viele andere großartige Frauen, darunter „Juramama“ Nina Strassner, die in WOW MOM zeigt, dass Mama ein Job ist und wie er eigentlich bezahlt sein müsste:

Gastbeitrag von „Juramama“ Nina Strassner aus WOW MOM:

Es ist schon ein bisschen seltsam – jahrelang war „Und, was machst du beruflich?“ die Smalltalk-Frage Nummer Eins – aber seit wir Mütter sind, scheint das niemanden mehr zu interessieren. Auch nicht, dass Muttersein eigentlich ein Fulltime-Job ist, für den wir nicht einmal bezahlt werden… Juristin und Autorin Nina Strassner hat sich für uns die Wut darüber von der Seele geschrieben. 

Ich habe auf dem Spielplatz nach Jahren eine Frau wiedergetroffen, mit der ich drei Jahre lang einmal pro Woche in irgendeinem Kinderkrabbelkurs rumhing, während unsere Windelkinder mit Holzstäben auf Bänke droschen und wir das für „musikalische Früherziehung“ hielten. Als ich versuchte mich genauer zu erinnern, fiel mir auf, dass ich weiß, wann ihre Kinder gezahnt haben, welche Globuli sie gegen Bauchweh verabreicht, in welcher Brust-Reihenfolge sie abgestillt hat und wann ihr Mann aus der Bank am Mittwochnachmittag nach Hause kommt. Dann mäht er Rasen. Was sie beruflich macht, welche Ausbildung sie hat, was sie mal gelernt hat? Keine Ahnung. Ich hab’ sie nie gefragt. Und sie mich auch nicht. 

Ich schämte mich sehr für mich selbst, setzte mich neben sie und wir tauschten erstmal ein paar Kekse gegen Möhrensticks. Ohne noch weiter Zeit zu verlieren fragte ich: „Sag mal, was machst du eigentlich beruflich?“. Sie antwortete: „Ich arbeite seit den Kindern nicht mehr. Aber ich war mal Unternehmensberaterin bei McKinsey in San Francisco. Da habe ich meinen Mann kennengelernt. Und du?“ Ich war leider kurz zu sprachlos, um die Grundlagen der Gesprächsführung einzuhalten. 

Da sitzt tatsächlich eine Frau neben mir, die jahrelang diversen Unternehmen in zwei Sprachen erklärt hat, wie sie wirtschaftlich aufgestellt sind, was deren Tätigkeiten wert sind und wie sie sich am besten am Markt verkaufen müssen, knabbert ruhig an einem Stück Wurzelgemüse und sagt, sie würde „nicht mehr arbeiten“. 

Ich fand meine Sprache wieder: „Ich bin Anwältin“ antwortete ich. „Ich arbeite aber seit den Kindern in zwei Jobs“. Sie hörte auf zu kauen und murmelte betroffen: „Es ist echt krass, wie teuer Kinder sind, oder? Da muss man also sogar in deinem Beruf noch was dazuverdienen. Was machst du denn nebenher?“

„Ich mache die persönliche Assistenz von zwei hilfebedürftigen, leicht durchgedrehten Personen mit täglichen Nachtschichten und auch am Wochenende. Das heißt ich regle ihren gesamten Alltag, vom Kleidungskauf über Nahrungsbeschaffung und Zubereitung und erledige den kompletten Papierkram für sie. Ich fahre sie zu Terminen, unterstütze sie bei diversen körperlichen und geistigen Fördermaßnahmen und in ihrem Seelenheil, kümmere mich um ihre sozialen Kontakte und manage die Events, die über das Jahr so anfallen. Hin und wieder kommen Arztbesuche vor und natürlich muss ich auch ihren Lebensraum sauber halten, pflegen und ansprechend gestalten. Das mache ich aber komplett unbezahlt.“ 

Ich schaute ihr tief in die Augen und spitzte die Ohren. Na? Wann würde der Groschen fallen? Und – kling– da plumpste er auch schon.

Ich mache meinen Beruf als Juristin nun seit über einem Jahrzehnt. In 99 Prozent aller Fälle liegen mir Eheverträge vor, die der wirtschaftlich Stärkere der beiden Elternteile gemacht hat, um sein Unternehmen, seine Praxis, seine Kanzlei im Falle einer Scheidung vor dem Konkurs zu retten. Den „Konkurs“, den derjenige Elternteil hinlegt, wenn er seinen Beruf zugunsten der Kinderbetreuung aufgibt, hat keiner auf dem Schirm und wir leben in einer Gesellschaft, die das vollkommen normal findet.

Die gesetzlichen Regelungen der Versorgung sind nach der Familienrechtsreform 2008 fast vollständig abgeschafft worden, ohne gleichzeitig dafür zu sorgen, dass man trotz Kindern im Vorfeld auch dementsprechend vorsorgen kann. Stirbt ein Elternteil oder trennt man sich, sitzt man insolvent im Kinderzimmer und kann diese Lücke nie wieder aufholen. Absurderweise wird auch bei der Rente, die von den heute geborenen Kindern eines Tages bezahlt werden soll, nicht die Arbeit belohnt, die wir in die Kinder stecken. 

Vielmehr kommen die Rentenansprüche fast ausschließlich von der Arbeit, die wir außerhalb der Familie verrichten. Pro Kind gibt es drei Rentenpunkte, das sind derzeit bummelig 100 Euro im Monat. Bei zwei Kindern kann man dafür also dreimal im Monat volltanken, ein Käsebrötchen kaufen und im Auto wohnen. Miete ist bei den Beträgen nämlich nicht drin. 

Eine Unternehmensberaterin müsste also angesichts des geltenden Sozialsystems dazu raten, in unserem Leben möglichst wenig Kinder bei möglichst viel Berufsausübung zu bekommen. Das berufstätige Elternteil steht natürlich viel besser da und gemeinsam wird das vielleicht sogar ganz ok laufen, wenn wir selbst wieder Windeln brauchen. Aber was ist, wenn man eben nicht gemeinsam alt wird und gleichzeitig auf einem Schaukelstuhl das Zeitliche segnet oder sich vorher trennt? Dazu kommt noch, dass bei unverheirateten Eltern keine Witwenrente gezahlt wird und bei einer Trennung auch keinerlei Ausgleich fließen muss. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Selbst wenn wir nur den geltenden Mindestlohn von 9,35 Euro pro Stunde, ohne Feiertags- Wochenend- und Nachtzulagen ansetzen und von einem 14-stündigen Arbeitstag einer die Kinder und den Haushalt betreuenden Person, kommen wir auf ein Jahresgehalt von 47.647 Euro brutto. Diese Arbeit muss aber auch eine Alleinerziehende neben ihrem Beruf erledigen, dann eben in weniger Stunden und in ganz vielen Familien ist es überwiegend immer noch die Mutter, die neben einer zusätzlichen Berufstätigkeit all diese Aufgaben „on-top“ erledigt. 

Meine Spielplatzfreundin und ich schwiegen uns entsetzt und wütend an, tranken Kaffee aus einer umweltfreundlichen Thermoskanne und schworen im Geiste einen heiligen Eid: Sollte noch einmal irgendjemand sagen „Ach, du arbeitest nicht?“, werden wir in einen Streik treten, einfach morgens nicht aufstehen und die gesamte „Nicht-Arbeit“ der Kinderaufzucht einstellen. Und während wir ein Möhrchen knabbern, werden wir beobachten, wie binnen eines einzigen Tages eine gesamte Volkswirtschaft kollabiert. Etwas weniger dramatisch könnten wir aber auch mit Gesprächen am Küchentisch beginnen und endlich mal über Geld reden.

Das ganze Buch voller Mom-Empowerment für’s erste Jahr bekommt ihr im Buchhandel und bei Amazon für 16,99 Euro. 

Mehr von und mit Lisa Harmann und Katharina Nachtsheim gibt’s auf STADT LAND MAMA. 

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