Muttertag: Heldinnen für einen Tag

„Oh, holy mother!“ Die amerikanische Gründerin des Muttertages schlug schon einige Jahre nachdem sich der Feiertag erfolgreich etabliert hatte, die Arme über dem Kopf zusammen und bat um die Einstellung, der am Ziel vorbeigeschossenen Festlichkeit. Die Geschichte des Muttertags ist eine Geschichte voller Missverständnisse und Missdeutungen.

Der Muttertag wurde nicht für die Blumen gegründet, sondern zum Networking

Quelle: von Olairian - Wikicommons https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26708917

Denn let’s face it, das Problem mit dem Muttertag geht schon beim Konzept „Mutter“ los. Wer wird da gefeiert? What’s a Mutter? Etwas total individuelles und nichts ausschließliches. Du bist schließlich Mutter und viele andere coole Sachen gleichzeitig! Warum feiert man Dich jetzt also für’s Mamasein, aber nicht dafür, dass Du einen krassen Abschluss hingelegt hast, für Deine Karriere, für Deine Selbständigkeit, dafür, dass Du Deine eigenen Eltern pflegst, für Dein Engagement in hundert Dingen, von denen heute keiner spricht?

Beim ersten Muttertag 1907 ging es tatsächlich noch gar nicht um alle Mütter, sondern um die Mama von Anna Marie Jarvis. Aus Trauer um den Tod ihrer Mutter (die sich zuvor ebenfalls für die Frauenbewegung eingesetzt hatte) veranstaltete Jarvis einen Mothers Day in ihrer Kirche. Erst im zweiten Jahr hieß es dann, diese Andacht sollte allen Mütter der Gemeinde gewidmet sein. Und um Gedanken an die verstorbenen Mütter, legten die Töchter Blumen ab. Doch Jarvis ging es nicht um die Geschenke, sondern u.a. mit von ihr etablierten Mothers Day Meetings (just like Mama Meetings), darum Mütter zusammenzubringen, damit sich die Mamas vernetzen, austauschen und gegenseitig empowern.

Die Gründerin des Muttertags kämpfte für die Abschaffung des Feiertags

Doch leider verbreitete sich der Muttertag bald international nicht unter diesem Spirit, sondern als reiner Tag zur Feier der Mutterschaft, an dem Mama ein Geschenk bekommt. Jarvis kämpfte darum schon einige Jahre nachdem sie den Mothers Day etabliert hatte, wieder für seine Abschaffung. Erfolglos. Sie hatte ein Feuer der Missverständnisse gezündet, das ich bereits über den Globus ausbreitete. Am Muttertag beschenkte und feierte die Familie ihre Mama zu Hause, statt das Moms zusammensaßen und gemeinsam Pläne schmiedeten.

Floristen brachten den Muttertag nach Deutschland

Statt Power gab’s nun Primeln zum Muttertag. In Deutschland gibt es den Muttertag tatsächlich nur deswegen, weil Floristen 1922 auf den Zug aufsprangen und „Ehret die Mutter“-Plakate in ihre Schaufenster hingen. Hinter dem deutschen Muttertag stand letztlich nicht die Erkenntnis, dass Mamas so krass sind, dass sie ihren eigenen Feiertag verdienen, sondern die Marketing-Einsicht: Die Zielgruppe muss nicht die Käufergruppe sein. Frauen, die auch Mütter sind, mögen Blumen, aber kaufen sie nicht für sich selbst. Also müssen Männer dazu gebracht werden einen absurd hohen Betrag für ein rein dekoratives, schnell vergängliches Gut auszugeben. Seriously, Geschenke bekommen ist geil, aber der Muttertag ist aus verkaufspsychologischer Perspektive einfach viel spannender als aus feministischer.

Nur weil Blumen auf dem Tisch stehen, beim Meeting, sind sie nicht das Thema!

Für den Feminismus sind die Blumen letztlich nur überbewertete Deko. Da es sich beim Muttertag tatsächlich um einen Kapitalismus-Feiertag handelt, wurde er in der DDR auch gar nicht erst gefeiert. Und noch mehr Fun-Facts: In den USA wird nur noch für Weihnachten mehr Geld ausgegeben, als für den Muttertag. In Deutschland liegt das Durchschnittliche Budget für ein Geschenk zum Muttertag bei 25 Euro.

Wenn wir heute über Rollenbilder, die zu klein für Puppenhausschubladen sind, und die Diskriminierung von Müttern im Joballtag diskutieren, dass glüht des Geist von Ann Marie Jarvis auf. Doch nur weil da hübsche Blumen auf dem Tisch stehen, beim Mama Meeting, heißt das nicht, dass das Grünzeug das Thema der Gespräche ist. Und auch wenn Muttertag nur einmal im Jahr ist, können Mamas täglich networken, sich austauschen und gegenseitig weiterbringen! Happy Mama Tag, heute und jeden Tag!

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