In ihrer Studie zum Thema New Work und Vereinbarkeit fand New-Work-Expertin Vanessa Jobst-Jürgens heraus, dass sich 85 Prozent der Befragten wünschten, dass Vereinbarkeit nicht nur ein Modewort sein soll. Zeit, darüber zu sprechen, was Vereinbarkeit eigentlich ist und was New Work dafür tun kann. Und so kamen die Working Moms der Hansestadt und (auch einige, naja, seien wir ehrlich, zwei) Dads am 18. Februar in die Räume des Hamburger Mindspace am Rödingsmarkt, für stürmische Diskussionen rund um Verantwortung, Arbeitszeiten und Geschlechterrollen.

Vereinbarkeit ist nicht eine Sache, sondern viele Personen, die sich gegenseitig unterstützen
Mama Meeting brachte die These mit, dass Vereinbarkeit so fluide ist wie Babyspeichel und statt starrer Konzepte vor allem ein vielfältiges Netzwerk hilft, sicher und selbstbewusst über die Flut an neuen Herausforderungen im privaten und beruflichen Gewässer hinweg zu surfen. Denn Vereinbarkeit ist keine Sache, sondern ein Ziel. Der Weg, der uns dorthin führt entlang unterschiedlicher Arbeitszeitmodelle, wie Teilzeit, Gleitzeit oder Remote-Work. Neue digitale Technologien transformieren unsere Tätigkeiten in gigantischen Wellen. Doch wirklich ankommen bei der Vereinbarkeit können wir nur zusammen, im Dialog miteinander als Working Moms, mit Unternehmen und Vertretern unterschiedlicher Institutionen.
Große Veränderungen brauchen viele Treiber
Und so gab es beim Abend „Brave New Work: Von verheiratet mit dem Job zur Family-Work-Balance“ neben der vierköpfigen Orga-Crew aus Mama Meeting, VereinbarkeitsLab und Fresh-Coach-Hamburg, auch einen Ozean an Input von Merle Tödter von Otto, Patricia Heufers von Ernst & Young und Jennifer Yohannes von der Kartenmacherei, sowie den Coaches Hanna Drechsler und Cornelia Paul.
Nach dem Start von Juliane und Sarah von Mama Meeting drehte der Wind gen Norden, als Luisa Hanke erzählte, wie in Schweden bereits seit den 70er Jahren Familien auf eine Weise gedacht, verstanden und staatlich gefördert werden, die uns in Deutschland erst heute als Innovationen am Horizont erscheinen. Die Flut der individuellen Familienmodelle traf in der Panel-Diskussion auf Arbeitgeber- und ArbeiternehmerInnenansprüche und stieg schnell zu einer spritzigen Diskussion. Ein Best-Of der Thesen haben wir Dir zum flüssigen Überblick zusammengestellt:




New Work ist für ...

Cornelia Paul ganz viel Flexibilität, Jobs anders zu vergeben. Wir stehen uns selbst manchmal im Weg, weil wir an alten Konzepten nach hängen.
Merle Tödter das Zusammenspiel von zwei Strängen: Digitalisierung + individuelle Lebensformen.
Hanna Drechsler Bedürfnisorientierung und eine 50/50 Regelung zu Hause (50 % der Care-Arbeit macht ihr Mann)
Patricia Heufers Digitalisierung, Flexibilisierung und das in Fragestellen von gewohnten Arbeitsstrukturen, sich die Frage zu stellen: Was ist eigentlich Arbeit und welche Bedeutung hat sie für mich persönlich?
Jennifer Yohannes als Arbeitgeberin ein individuelles Menschenbild. Menschen sind intrinsisch motiviert, wollen arbeiten und sie als Geschäftsführerin der Kartenmacherei muss ihnen den Rahmen dazu geben.
This is how we get to Vereinbarkeit:
Cornelia Paul: „Wir stehen uns selbst manchmal im Weg, weil wir an alten Konzepten hängen. Eltern sollten sich am besten noch bevor sie Eltern werden, überlegen, wie sie arbeiten wollen, was Sie noch erreichen wollen und wie das gelingt. Wichtig ist, dass jeder das Familienbild leben kann für was er /sie sich bewusst entschieden hat.“
Merle Tödter: „Vereinbarkeit bedeutet nicht nur, wer kümmert sich um mein Kind und den Haushalt, aber auch die Pflege von pflegebedürftigen Angehörigen und individuelle Familienkonzepte. Für einen ist Gleitzeit gut, ein anderer will feste Strukturen. Was sich wirklich ändern muss ist die Denke in den Köpfen sowohl auf MitarbeiterInnenseite als auch bei den ArbeitgeberInnen. Noch kommen die Leitungen vieler Unternehmen aus den 60er Jahren und sind mit anderen Familienbildern groß geworden, als sie heute gelebt werden.
Hannah Drechsler: „Man muss sich auch als Eltern selbst klar werden, wie man leben will und das auch einzufordern. Viele Frauen wollen eine gleichberechtigte Partnerschaft, aber setzen sie noch zu selten durch. Aber das Aufbrechen von Rollenbildern ist auch ein schmerzhafter Prozess. Man muss sich mit der eigenen Identität und dem erlernten Bildern von Mutter und Vater auseinander setzen.“
Patricia Heufers: „Es mangelt nicht an Ideen und Strategien, aber wir haben in Deutschland noch sehr traditionelle Rollenbilder. Das Thema wird immer sehr schnell emotional. Wir müssen aufhören zu urteilen. Man kann ja eigentlich nie richtig machen, weil jeder Weg verurteilt wird, Frauen mit und ohne Kinder, Väter, die Elternzeit nehmen und Väter, die keine nehmen. Solange man als Frau Teilzeit arbeitet und zwei Kinder hat, kriegt man Verhältnismäßig wenig Kritik, aber richtig macht man’s dann immer noch nicht. Von dieser Fremdsteuerung müssen wir weg, wenn wir Vereinbarkeit wollen.“
Jennifer Yohannes: „Das Problem ist, dass es zu wenige gibt, die es heute schon anders machen. 50/50 ist noch ein seltener Fall und wird von den anderen als exotisch betrachtet. Zu oft hat die Karriere des Mannes Vorfahrt. Väter, die längere Zeit für die Betreuung des Kindes verantwortlich sind, entwickeln aber ein besseres Verständnis fürs Elternsein. Es funktioniert als Führungskraft Teilzeit zu arbeiten, es gibt keinen Grund, warum das nicht gehen sollte. Die Herausforderungen ist es für uns eher diese guten Leute über Teilzeit zu rekrutieren, aber z.B. über Tandems geht auch das und man bekommt dann profitiert eine Position von zwei Perspektiven!“
Quote of the night:
“Don’t blame the women, blame the System!”
Fakten und Infos des Abends, die Du dir merken solltest:
- 98% der Mütter gehen in Elternzeit, nur 2 % nehmen keine Elternzeit. Bei den Vätern sieht es anders aus.
- Merle Tödter erforschte in ihrer Bachelor-Arbeit welchen Herausforderungen Frauen begegnen, die sich für eine späte Elternschaft entscheiden und fand heraus, dass es dieselben sind, mit denen Frauen konfrontiert sind, die früh Kinder kriegen! Es ist also völlig schnuppe, wann Du Mama wirst!
- Der Grundgedanke von New Work ist: „Jeder sollte das tun können, was er wirklich will und gut kann.“
- „Mütter essen nie Mittag.“ Okay, kein statistischer Fakt, aber we all know it’s true! Darum: Iss zu Mittag, am besten in Gesellschaft. Networke oder regeneriere und stärke dich einfach!


Schon gewusst zum Thema Kinder kriegen und Karriere knicken?
- In den USA zahlen einige Unternehmen Social Freezing für ihre Mitarbeiterinnen. Meist sind die Frauen, die sich dazu entscheiden aber bereits über dreißig und die Eier darum nicht mehr „frisch“ genug. Sinnvoll wäre es, wenn man Social Freezing viel früher als Option überlegt und damit auch früher darüber nachzudenken, ob, wann und wie man eine Familie gründen will.
- In Deutschland bieten Unternehmen wie Vodafone ihren Mitarbeitern an, ihnen eine Elternzeit von bis zu sechs Monaten mit vollen Gehalt zu bezahlen. Die Kampagne richtet sich aber insbesondere an Männer, die damit zur Elternzeit motiviert werden sollen. Because loving your Kids ist für Mama zwar genug, aber für Papa reicht’s nicht?!



Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen, die dabei waren, in großen und kleinen Runden mit diskutiert und viele spannende Ideen, Erfahrungen und persönliche Stories eingebracht haben! Und ein ganz großes Dankeschön geht auch an „Das Geld hängt an den Bäumen“ und „leev“ für das Hochhalten unseres Vitaminpegels mit ihrem köstlichen Säften und Schorlen!