„Ich habe erfolgreich eine Familie gegründet, jetzt gründe ich ein Unternehmen.“ Dieser Gedanke kommt immer mehr Frauen gerade während der Elternzeit, wenn Job und Ansprüche nicht mehr zusammen passen. Coach Cornelia Paul aus Hamburg empowert sowohl Rückkehrerinnen, die in ihre vorherigen Jobs und Unternehmen zurück wollen, als auch Frauen, die sich nach dem Mamawerden was Eigenes aufbauen wollen. Doch gibt’s wirklich nur die beiden Wege? Zurück in den alten Job oder raus in die Selbstständigkeit?

Am 18.02.2020 diskutiert Cornelia Paul, beim Mama Meeting Event, mit Eltern und Vertreterinnen von Otto, Ernst & Young und der Kartenmacherei welche Optionen es noch für die Karriere nach der Elternzeit gibt. Vorab hat sie uns im Gespräch aber schon verraten, warum Gründen nicht immer der beste Schritt ist, wie man an eine Selbstständigkeit rangehen sollte und welche Vorteile gerade Mütter dafür dann doch mitbringen.

Liebe Cornelia, Du sagst „Frauen gründen anders“, laut Statistik gründen Frauen aber auch noch seltener als Männer. Wie gründen Frauen denn „anders“ als Männer und siehst Du da einen Zusammenhang zur Anzahl von männlichen und weiblichen Gründern?

Natürlich kann man das schwer verallgemeinern, denn beim Gründen geht es nicht in erster Linie um das Geschlecht, sondern um die Persönlichkeit. Es gibt Gründerpersönlichkeiten, es gibt Menschen, die lernen können, eine zu werden und es gibt die, für die eine Gründung einfach nichts ist. Interessant ist dabei auch, aus welcher Familiensituation man kommt, wie Eltern oder Großeltern einem zu diesem Thema geprägt haben. Trotzdem habe ich in den letzten Jahren als Business-Coach festgestellt, dass Frauen häufig weniger strukturiert und deutlich emotionaler an das Thema Gründung herangehen als Männer. Vor allem dann, wenn sie aus einer labilen Lebenssituation heraus gründen. Nach dem Motto: Irgendwas muss sich jetzt sofort ändern in meinem Leben! Das sind dann Schnellschüsse, die nicht durchdacht sind, es fehlt in der Regel der objektive Blick auf die Sache. Zum Teil wollen sie auch in einem Bereich gründen, der gar nicht ihrem Portfolio oder ihrer Fachkompetenz entspricht. Oder aber sie haben jede Menge Ideen und wollen ALLES auf einmal, kommen dann aber nicht ins Handeln, weil nun mal nicht alle Ideen wirklich umsetzbar sind und schon gar nicht alle gleichzeitig. Am Ende führt das immer zu einer großen Verunsicherung. Männer gründen in der Regel rationaler. Sie fragen sich: Welche Fachkompetenz habe ich, und was kann ich daraus machen? Sie haben eine Idee, schauen sich den Markt an, suchen sich gegebenenfalls Businesspartner, klären die Finanzen, schätzen das Risiko – fertig! Das gilt im Übrigen auch für Frauen, die aus einer stabilen Lebenssituation kommen.

"Es gibt Gründerpersönlichkeiten, es gibt Menschen, die lernen können, eine zu werden und es gibt die, für die eine Gründung einfach nichts ist."

Du hast in Hamburg das Netzwerk Mompreneurs gemanagt. Gibt es auch Unterschiede zwischen female Founders und Mompreneuren? Gibt es ein Idealalter zum Gründen?

Ja, es gibt sogar einen elementaren Unterschied. Frauen, die in der Elternzeit gründen, mit Babys oder mit Kleinkindern, haben eine ganz besondere Motivation. Sie zweifeln, ob der alte Job noch zu ihnen und ihrer neuen Rolle als Mutter passt, fragen sich häufig: Was kann ich eigentlich noch? Viele erkennen, dass sie so, wie sie vor dem Kind gearbeitet haben, nicht mehr arbeiten können oder wollen. Ihr Blick auf die Welt, ihre Werte haben sich verändert. Andere Dinge sind ihnen wichtiger geworden: etwa Zeit und eine Sinnhaftigkeit im eigenen Handeln. Mompreneurs sind oft besonders zielgerichtet, fokussiert und klar. Sie gründen seltener aus einer „Spinnerei“ heraus, sondern suchen und finden Nischen oder Dinge, die auf dem Markt noch fehlen. 

"Mompreneurs sind oft besonders zielgerichtet, fokussiert und klar. Sie gründen seltener aus einer „Spinnerei“ heraus, sondern suchen und finden Nischen oder Dinge, die auf dem Markt noch fehlen."

"Was sie (=Frauen, die aus der Elternzeit zurück in den Job kommen) alle eint ist eine große Verunsicherung und oft auch ein angeknackstes Selbstbewusstsein."

Du gibst auch Workshops zum Thema Vereinbarkeit und Rückkehr aus der Elternzeit. Welche Erfahrung hat Dich dabei am meisten überrascht bzw. beeindruckt?

Ich gebe die Workshops in einem großen Hamburger Unternehmen. Die Frauen kommen aus verschiedenen Abteilungen und Positionen, waren unterschiedlich lange in Elternzeit und wollen sich auf die Rückkehr in den Job vorbereiten. Was sie alle eint ist eine große Verunsicherung und oft auch ein angeknackstes Selbstbewusstsein. Kann ich das überhaupt noch, meinen Job? Wie weit sind mir die Kollegen nun voraus? Hole ich das noch ein? Schaffe ich den Spagat zwischen Familie und Beruf? Und wie genau soll das gehen? Mit diesen Fragen kommen sie zu mir. Fragen, die sich viele Männer nie im Leben stellen würden! Die Frauen machen sich in der Regel völlig zu Unrecht klein. 

Welche drei Ratschläge gibst Du Frauen, die sich selbstständig machen oder ein Unternehmen gründen möchten?

Mein wichtigster Rat: Hinterfrage deine Motivation. WARUM willst Du gründen? Das klar für sich beantworten zu können ist elementar für den Erfolg. Wo will man in fünf, wo in zehn Jahren stehen? Ich helfe meinen Klientinnen dabei, das für sich zu klären und ermuntere sie, groß zu denken! Mein zweiter Rat: Hole dir Hilfe. Wer sich selbstständig macht, hat lange To-Do-Listen. Man muss einen Businessplan erstellen, eine Website designen, mit Banken und Behörden sprechen und vieles mehr. Niemand kann eine Expertin in all diesen Bereichen sein. Gib deshalb ab, was du nicht so gut kannst. Beauftrage andere, tausche Expertenwissen mit ihnen aus. Und last but not least: nutze Netzwerke! Das ist heute mindestens genauso wichtig wie ein Businessplan. 

Beim Mama Meeting Event „Von verheiratet mit dem Job zur Family-Work-Life-Balance“ in Hamburg am 18.02.2020 kannst auch Du Deine Fragen an Cornelia Paul stellen und hören, was sie großen und kleinen Unternehmen empfiehlt, um die Kompetenzen von qualifizierten Frauen für alle Seiten gewinnbringend einzusetzen. 

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