„Das macht doch echt alles keinen Spaß mehr“, antwortet Sarah auf meine Nachricht zum neusten Corona-Lockdown-Hin und Her. Wir versuchen uns und die Mama Meeting Community auf dem Laufenden zu halten, doch verlieren langsam den Überblick. Während von einer Seite eine neue Beschlussvorlage kommt, kommt von der anderen ein Gerichtsurteil, das den Beschluss wieder aufhebt. Der Bund verbietet, erlaubt, empfiehlt das eine, aber mit der Realität in unserem Bundesland hat das nicht unbedingt etwas zu tun.

50 Shades of Grauzonen zwischen verboten und erlaubt

Läden zu. Läden auf. Einkaufen mit Termin oder ohne Termin.  Das einzig sichere, ist der fehlende Durchblick. Wir könnten uns für einen Business-Workshop in ein Hotel in unserer Stadt einbuchen und dort im Restaurant essen. Es säßen keine Touristen um uns herum. Denn zum Spaß Essen gehen ist verboten. Wir müssten also so tun, als hätten wir keinen Spaß bei der Arbeit. Im Nachbar-Bundesland Rheinland-Pfalz öffnet die Außengastronomie. Von Köln bis zur nächsten Terrasse sind es dann nur knapp 30 Minuten Autofahrt. Wenn wir es in weniger als 48-Stunden und ohne öffentliche Verkehrsmittel schaffen, könnten wir auch kurz ins Ausland für einen Kurzurlaub in einer privaten Ferienwohnung, sogar zum Spaß, solange das Vergnügen ein kurzes bleibt.

Dringend notwendig? Ich geb Dir dringend notwendig!

Früher sprachen wir bei der Sommerurlaubsplanung darüber, wo es das beste Essen und die meisten Sonnenstunden gibt. Jetzt diskutieren wir darüber, bei welcher Reise die kürzeste Quarantänepflicht besteht. Darüber kreist die Warnung der Kanzlerin und des Auswärtigen Amts nicht unbedingt nötige Handlungen zu unterlassen. Und schon da wird’s schwierig, was ist denn nicht unbedingt nötig. Viele von uns haben gerade Urlaub, Freizeit, Essen gehen, Bummeln, einfach mal Pause vom Hin und Her sehr, sehr dringend nötig.

Die Stimmung ist nicht im Keller, sondern im Lockdown

Das sich erstmal über den Corona-Mist-Auskotzen ist an die Stelle von Gesprächen über’s Wetter oder den Tag getreten. Wir fragen einander schon gar nicht mehr: „Na, wie geht’s dir heute?“, weil wir ja selbst darauf nur antworten: „Boah, wann hört das endlich auf?“ Das Schlimmste daran ist, dass wir den Ernst der Lage verstehen. Doch wir hätten nun endlich gerne Lösungen, die Wirkung zeigen.

Willkommen zum kollektiven Change Prozess

Stattdessen stecken wir kollektiv in Phase 5 dieses Veränderungsprozesses fest. Yes, eine Pandemie ist letztlich auch nur ein Change-Prozess. Das ist alles nur eine Phase. Einatmen, Ausatmen. Phasen gehen vorbei. Dieser Satz hat mich durch das erste Jahr mit Baby gebracht. Anfangs war alles neu, vieles lief nicht so wie erwartet und schließlich spielte sich eine neue Normalität ein. Um zu verstehen, wie wir da durch die Phasen kommen, und vielleicht doch ein bisschen Lockerheit zurückzugewinnen, schauen wir uns die sieben Phasen von Veränderungsprozessen mal an:

Phase 1  Schock. Was ist das, was da kommt? Was ist jetzt zu tun? Was ist richtig und was ist falsch? Kann ich mal kurz ne Runde schreiend im Kreis laufen? Lockdown? Seriously in unserer Zeit?

Phase 2 – Verneinung. Das ist doch nur eine neue Art der Grippe. Ein bisschen Husten und außerdem krieg „ich“ das ja bestimmt nicht. Die übertreiben doch alle!

Phase 3 – Einsicht. Oh, shit. Okay, dieses Virus ist tödlich und gefährlich und es breitet sich auf der ganzen Welt aus. Ich bestelle mir Masken und Desinfektionsmittel.

Phase 4 – Akzeptanz. Okay, wir haben Masken und Desinfektionsmittel. Einige Läden sind vorübergehend geschlossen und wir machen jetzt vorübergehend Home Schooling und Home Office mit Kindern. Nicht easy, aber es geht ja um unser aller Sicherheit und es ist vorübergehend(?!!?!).

Phase 5 – Ausprobieren. Machen wir mal wieder ein paar Restaurants auf und wieder zu. Trial und Error. Wir merken, was funktioniert. Wenn A geschieht steigt die Inzidenz, wenn B passiert, bleiben die Zahlen konstant. Oder nicht? Hier ist das Problem gerade. Statt Lösungen, finden wir in der Trial und Error Phase immer neue Bugs. Impfstoffe sind nicht ausreichend verfügbar oder haben plötzlich doch Nebenwirkungen. Home Schooling bringt zwar etwas gegen die Ausbreitung des Virus, treibt aber viele Kinder in die Depression. Die Inzidenz steigt exponentiell auch wenn die Restaurants zu bleiben, während bei den Gastronomen die Schulden und Sorgen explodieren. Und wenn wir uns auf der Welt umsehen, sehen wir, dass andere scheinbar schneller zu positiven Versuchen kommen. Den Jubel aus der Welt können wir schwer teilen, auch wenn wir es möchten, weil wir selbst noch nicht rausgefunden haben, was hier funktioniert. Wir stecken in einer Phase in der das Baby schreit und schreit und weder Schnuller, noch Stillen, noch Flasche, noch Pucken, noch auf den Armnehmen, noch Rumtragen, noch Stillhalten, noch gut zureden, noch mitweinen zu helfen scheinen.

Hier ist die einzige gute Nachricht: Es ist nur eine Phase. Und zwei kommen noch:

Phase 6 – Erkenntnis. Das ist der Moment an dem wir die Lösung gefunden haben. Der Pups hat sich gelöst. Das Geschrei hört endlich auf. 

Phase 7 – Integration. Wir wissen jetzt, was hilft und können das Heilmittel immer wieder anwenden, wenn das Problem auftritt. 

Das war’s dann aber auch (erstmal)

Ab Phase 7 kommt die Sonne raus. Ab dann ist vielleicht noch nicht alles gut, aber wir fühlen uns wieder sicher und können anfangen uns mit der Welt nach der Krise zu befassen, können verarbeiten, was wir erlebt und durchgemacht haben und daran wachsen. Und irgendwann werden wir FFP2-Masken in Manteltaschen finden, die wir lange nicht getragen haben und vielleicht sogar denken: „Zum Glück war das alles nur eine verrückte Phase.“

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